Votivkirche, Kandelaber, Laterne

Votivkirche – 2 historische Kandelaber – Sanierung – 2023

Adresse: Straße des 8. Mai, 1090 Wien

Auftraggeber: Erzdiözese Wien an die Firma Wolfgang Zimmermann, Maler- und Vergoldermeister, 9020 Klagenfurt, für die die technische Sanierung durchgeführt wurde.
Baumeister: DI Martin Sieger
Maler- und Vergoldermeister: Karl Maier, 9721 Weißenstein
Glaserei: Ch. Starzacher GmbH, 9020 Klagenfurt

Historisches zum Bau

Grundsteinlegung: 24.04. 1856, Einweihung: 24.04. 1879

Ursprünglich war als Bauplatz der Kirche das Areal gegenüber des Oberen Belvederes – im Bereich des späteren Bahnhofs – angedacht.
Der Architekt Heinrich Ferstel gewann die Ausschreibung (vor 75 Konkurrenzplänen) von 1854 mit einem Entwurf für eine dreischiffige, neugotische Kirche nach Vorbild der französischen Kathedralen des 13. Jahrhunderts, wie etwa jener in Chartres.

Die Gedächtniskirche aus rein weißem Kalkstein mit basilikalem Aufriss gilt als Denkmal zu einem vereitelten Attentat auf den Kaiser und wurde städtebaulich auch als solches vorrangig in Szene gesetzt.
Auf podestartigen Stufen stehend ist die Kirche nicht geostet, um eine Monumentalansicht der Hauptfassade von der – zur Erbauungszeit im Entstehen befindlichen – Ringstraße und der damit verbundenen Stadterweiterung – aus zu gewährleisten.
Auch der weitläufige Platz davor wurde von Beginn an als repräsentative Gartenanlage geplant, in der ursprünglich das Tegetthoff-Denkmal, das kurz darauf am Praterstern errichtet wurde, aufgestellt werden sollte.

Ein Kandelaber besteht aus einem Kandelabersockel, einem unteren Bündelpfeilerabschnitt mit vertikalen Blütenknospenreihen und abschließenden Akanthuskapitellen, einem oberen, einfachen Bündelpfeilerabschnitt, der mit Kelchkapitellen abschließt und dem darauf sitzenden 3-armigen Kandelaberaufsatz mit polygonalen, konischen Laternen mit gotisierenden Elementen wie Krabben und Fialen.

Kurz nach der Fertigstellung der Kirche, 1880, wurden wohl die guss- und schmiedeeisernen Gaskandelaber errichtet. Einige Jahre danach (um 1886) könnten sie elektrifiziert worden sein, da die Erprobung des elektrischen Lichtes in der Straßenbeleuchtung 1882 in Teilen der Inneren Stadt begann. Die Ergebnisse waren anfangs noch unzureichend.
Auch die Asphaltierung (mit „Asphalte coulé“) fand zwischen 1880 und 1882 statt. Straße und Gartenanlage vor der Kirche wurden 1877 errichtet bzw. angelegt.

Quellen:
– Allgemeine Bauzeitung, 1858, S. 2
– Allgemeine Bauzeitung, 1879, S. 36-38
– Die Votivkirche in Wien, Denkschrift des Baucomités veröffnetlicht zur Feier der Einweihung, Verlag von R. v. Waldheim, Wien, 24.04. 1879, S. 6
– Petermann, Reinhard E., Wien im Zeitalter Kaiser Franz Josephs I : Schilderungen, Wien 1908, S. 328
– Schimmer, Gustav Adolf, Beschreibung der Haupt- und Residenzstadt Wien : mit einem Fremdenführer, nach den besten Quellen, Wien 1866, S.   104
– Die Gemeinde-Verwaltung des Reichsgaues Wien : (1874-1876), S. 507
– Die Gemeinde-Verwaltung des Reichsgaues Wien, 1880-1882, S. 532 und S. 890
– Die Gemeinde-Verwaltung des Reichsgaues Wien, 1877-1879, S, 365
– Der Garten wurde vom Architekten Lothar Abel angelegt. Ebenda, S. 478

Fotografie 1909 Verlag bzw. k. u. k. Universitätsbuchhandlung R. Lechner (Wilh. Müller) (Fotograf, Verleger), Schlacht bei Aspern, Jahrhundertfeier (vor der Votivkirche), 1909, Wien Museum

Fotografie (Detail), 1909
Quelle: Verlag bzw. k. u. k. Universitätsbuchhandlung R. Lechner (Wilh. Müller) (Fotograf, Verleger), Schlacht bei Aspern, Jahrhundertfeier (vor der Votivkirche), 1909, Wien Museum

Votivkirche, Kandelaber, Situationsplan - Schmiedetechnik Steiner

Situationsplan, Standort

Aufbauschema Kandelaber, Votivkirche, Schmiedetechnik Steiner

Aufbauschema Kandelaber

Bestand und Demontage

Die beiden je 3-armigen Kandelaber vor der Hauptfassade der Votivkirche befanden sich in einem gefährdeten, instabilen Zustand.

Starke Korrosionen, abgebrochene und lose Zierteile wurden zahlreich vorgefunden. Die gesamte Konstruktion war verbogen oder verdreht.
In die Laternen selbst trat Feuchtigkeit ein, Moos bildete sich und abgestorbenes, organisches Material häufte sich an.
Auch die Elektrofassungen und Trafoteile waren vollständig überzogen.

Frühere, teils unsachgemäße, Restaurierungsmaßnahmen kamen zum Vorschein, ebenso wie spätere Nachgüsse, die auf eine mögliche Zerstörung im zweiten Weltkrieg hindeuten.

Zur Demontage wurde ein Flaschenzug benötigt, der die beiden 3-armigen Kandelaberaufsätze, die fest mit dem rund 4,5 Meter langen, historischen Gasrohr verbunden waren, aus der jeweiligen Gusssäule hob. Dieses Gasrohr musste abgeschnitten werden und wurde später in der Werkstatt wieder zusammengeschweißt und erhielt eine geschmiedete Stahlmanschette zur Stabilisierung. Das hohe Gewicht der Kandelaberaufsätze wird (nicht im ursprünglichen, historischen Kontext) ausschließlich durch dieses Gasrohr getragen.

Technische Sanierung

Die beiden Gusssäulen blieben vor Ort, wurden dort eingerüstet, sandgestrahlt, saniert, mit Bleiseife behandelt, 2fach mit Bleiminium grundiert und später bei der Montage 2fach mit Leinölfarbe beschichtet.

Die beiden Kandelaberaufsätze wurden vor dem Sandstrahlen in alle Einzelteile zerlegt. Danach kamen moderne Schrauben der jüngeren Zeit, sowie verschiedene Gusstechniken zb. bei den Blütenknospen zum Vorschein: der historische Eisenguss, ein späterer Bronzeguss, sowie ein moderner Aluminiumguss.

An den Gussarmen waren notdürftige Sanierungen mit Kitt gefunden worden. Diese wurden entfernt, neue Stahlteile geschmiedet und in die historischen Gussteile eingeschweißt, zugschliffen und spannungsfrei geglüht. Einige Fehlstellen im Guss, die zum Originalbestand gehören, wurden gereinigt und nachgeschweißt.

Das Gasrohr sollte im Originalzustand von Gusseisen ummantelt sein. Das Gusseisen war wohl weggebrochen und wurde in einer früheren Maßnahme durch halbrund gebogene Alubleche optisch ausgeglichen.

Das führte zu einem starken, statischen Problem, da Alubleche nicht dazu geeignet sind das hohe Gewicht des Kandelaberaufsatzes bzw. der Laternenarme zu tragen. Auch das Gasrohr selbst kann den hohen Kräften ohne Gussumantelung nicht standhalten. Diese unsachgemäßen Alubleche wurden durch Abdeckungen aus Eisen, die als volle Profile geschmiedet wurden, ersetzt, um wieder Stabilität für die Gasrohre zu erlangen.
Mehrere fehlende, abgebrochene oder korrodierte Einzelteile – einige waren als unprofessionell ausgeführte Repliken vorgefunden worden, wurden rekonstruiert oder saniert.

Die Rosetten (jeweils 1 am Kreuzungspunkt der 3 Kandelaberarme) wurde schraubbar gemacht und für die neue, nun innenliegende Verkabelung (zuvor verlief sie Außen und war mit Kabelbinder befestigt) ein Loch ins Zentrum gebohrt.

Die Laternen bestehen aus jeweils einem in sich zusammen verschweißten Aluguss-Teil, was dem Originalbestand nicht entspricht. Ebenso deren Fialen.
Die beiden Kronenfassungen waren gerissen und Zierteile fehlten. 2 Blechstreifen wurden zur Stabilisierung eingenietet. Die Alugüsse aus vorangegangener Restaurierung waren instabil.
Die Zwischenstücke (je 1 pro Laterne, zwischen Kandelaberaufsatz und Laterne) mussten umfassend saniert und umgebaut werden. Einerseits um eine Neuverkabelung im Inneren zu gewährleisten, andererseits, um sie in sich und zueinander neu auszurichten.

Nach dem Verkabeln und dem Beschichten aller Einzelteile wurden die Laternen mit satiniertem, echtem Glas (4mm) verglast, statt des im Bestand vorgefundenen Plexiglases.

Der grundierte 3-armige Kandelaberaufsatz mit verschweißtem Gasrohr wurde in die grundierte Gusssäule vor Ort eingehoben.
Gewinde wurden nachgeschnitten und die Teile (Gusssäule und Kandelaberaufsatz) miteinander verschraubt.
Die Abschlussbeschichtung der beiden 3-armigen Kandelaberaufsätze (exklusive der Laternen) erfolgte vor Ort.