Palais Wilczek, 1010 Wien – Sanierung des schmiedeeisernen Balkongeländers

Adresse: Palais Wilczek, Herrengasse 5, 1010 Wien

Historisches

Das heutige Palais geht auf eine Errichtung von 1719 (vor 1728 abgeschlossen) für Johann Brassican(i) von Emmerberg zurück und wird auf Grund von Stilvergleichen allgemein dem Architekten Anton Ospel (1677-1756) zugeschrieben.

Ein Mitarbeiter Ospels soll das „bemerkenswerte“ schmiedeeiserne Balkongitter angefertigt haben. In etwa ab 1825 gelangte das Palais in den Besitz der Grafen von Wilczek.

Das Palais

Der 7-achsige, 4-geschossige hochbarocke Stadtpalastbau zeichnet sich vor allem durch den vorgeblendeten, leicht eingeschwungenen 3-achsigen Mittelrisalit aus, der durch eine Riesenpilasterordnung, Pfeiffenkapitelle, das verkröpfte Gesims und den bekrönenden, gesprengten Dreiecksgiebel betont wird. Der Architekt dürfte diese Fassadengestaltung wohl in Anlehnung an italienische Barockelemente des 17. Jahrhunderts (zb. Francesco Borromini, Westfassade des Collegio di Propaganda Fide in Rom) ausgeformt haben. Da aber auf Grund des geringen Platzangebots der schmalen Gasse keine ausladende Fassadengestaltung möglich gewesen sein dürfte, könnte sich diese Variante als geeignet erwiesen haben.

Die das Portal flankierenden Atlantenhermen tragen die Kragplatte, auf der das konvexe, wohl sehr bedeutende, schmiedeeiserne Balkongitter steht.

Ein bekanntes Regensburger Palais wurde nach dem Vorbild des Palais Wilczek errichtet und übernahm damit einige stilistische Motive, inklusive des konvex geschwungenen, schmiedeeisernen Balkons.

Das Balkongeländer

Das Balkongeländer in der Herrengasse ist wesentlich reicher gestaltet worden, als die wenigen Vergleichsbeispiele zeigen. Es ist dicht mit Rocaillen, Laub- und Bandelwerk und zahlreichen Barockmotiven verziert.

Die Pfosten sind mittels Zierleisten und Kapitellen als Pilaster ausgebildet, auf denen am unteren Ende je eine Halbfigur die konvexe Form des Geländers konsolenartig zu stützen scheint. Die aufwändig gestalteten Halbfiguren mit ihrem geschuppten Fischschwanz und den (vermutlich) Seerosenblättern als Bekrönung auf dem Haupt erinnern an die beliebte, barocke Mode der mythologischen Wasserwesen. Ebenso beliebt und vielfach verwendet: das Motiv der Muschel.

Stilistische Vergleiche

Ähnliche Halbfiguren finden sich in Wien zb. am Balkon des Palais Neupauer-Breuner (1715/16) und auch an jenem der Ehemaligen Böhmischen Hofkanzlei, Fassade zur Wipplingerstraße (1710-14). Ähnlich reiche Ornamentik, Laub- und Bandelwerk im Wechselspiel lassen sich am Eingangsgitter des Oberen Belvedere (um 1725), sowie am Stiegenhausgitter des Stift St. Florian (OÖ, 1721) finden.
[Quellen: Feuchtmüller, Thieme/Becker, Dehio Innere Stadt]

Palais Wilczek, Stich von Salomon Kleiner, 1739 Feuchtmüller, Rupert, Die Herrengasse, Wien, Hamburg, 1982, S. 43

Palais Wilczek, Stich von Salomon Kleiner, 1739, Feuchtmüller, Rupert, Die Herrengasse, Wien, Hamburg, 1982, S. 43

Joseph Daniel von Huber, Vogelschauplan der Stadt Wien 1778, Palais Wilczek,

Joseph Daniel von Huber, Vogelschauplan der Stadt Wien 1778, Palais Wilczek, in: Öhlinger, Walter, Verkleinerte Reproduktion aus dem Bestand des Wien Museums, Edition Winkler-Hermaden, Schleinbach, 2015, Seite 37 + Tafel

Das Palais Wilczek in einer Ansicht von 1910 Quelle: ONB, Bildarchiv, Stauda, August, 1910

Das Palais Wilczek in einer Ansicht von 1910, Quelle: ONB, Bildarchiv, Stauda, August, 1910

Stiegenhaus im Stift St. Florian, Oberösterreich

Stiegenhaus im Stift St. Florian, Oberösterreich, 1721, Quelle: Kastner, Otfried, Schmiede-Handwerk im Barock, Linz 1971, S. 206

Bestand

Das spätbarocke, schmiedeeiserne Balkongeländer wies zahlreiche Korrosionsschäden, wie Lochfraß oder auch gänzlich durchkorrodierte Teile auf. Mehrere Zierteile fehlten völlig und mussten, so wie viele Leisten komplett neu geschmiedet werden. Einige Teile waren stark deformiert, manche waren abgebrochen; historische Feuerschweißungen waren aufgetrieben.